Rolle und Spielweise: Dirk Nowitzkis Evolution
Innerhalb einer NBA-Offense kommen unterschiedlichen Spielertypen völlig verschiedene Aufgaben zu. Egal ob dominanter Ballhandler, Scharfschütze auf dem Flügel oder athletischer Big Man: Zahlreiche Statistiken liefern einen Einblick in die Rolle, die ein Spieler in seinem Team ausfüllt - und wie gut er dies tut.
3-Point Attempt Rate (3PAr) und Free Throw Rate (FTr)
Die 3PAr und die FTr einzelner Spieler messen - genauso wie bezogen auf ganze Teams - das Verhältnis der Distanz- bzw. Freiwürfe zur Gesamtzahl der Würfe aus dem Feld. Ein Spieler, der 5 seiner 10 Feldwurfversuche von jenseits der Dreierlinie abfeuert und zusätzlich noch 5 Mal an die Freiwurflinie geht, weist eine 3PAr und FTr von jeweils 50 Prozent auf.
Beide Kennzahlen dienen vor allem dazu, die Spielweise sowie die Rolle eines Spielers innerhalb seines Teams zu analysieren. Die Spitzenpositionen bei der Dreierrate belegen dementsprechend absolute Spezialisten, deren Aufgabe hauptsächlich darin besteht, Gefahr aus der Distanz auszustrahlen und so das Feld für ihre Mitspieler zu öffnen. So führte J.R. Smith die Liga in der vergangenen Saison mit einer 3PAr von 76 Prozent an, auch Spieler wie Kyle Korver, Trevor Ariza oder Danny Green nahmen rund 70 Prozent ihrer Würfe aus der Distanz.
Wie sich die Rolle eines Spielers verändern kann, zeigt die Entwicklung von Dirk Nowitzki. In seiner Prime war der Deutsche einer der besten Scorer der Liga und das klare Alphatier in der Offensive der Dallas Mavericks. Sowohl im Post als auch in der Isolation war Nowitzki oft nur durch Fouls zu stoppen, was ihm über Jahre eine der höchsten Freiwurfraten der NBA bescherte. Pro 100 Feldwürfen marschierte Nowitzki zwischen 2000 und 2011 rund 40 Mal an die Freiwurflinie.
Andererseits nahm der Forward - obwohl als revolutionärer Prototyp eines modernen Stretch-Bigs bekannt - in seinen besten Jahren nie mehr als ein Sechstel seiner Würfe von jenseits der Dreierlinie. Erst in den letzten Jahren verlegte Nowitzki sein Spiel mit abnehmender Kraft und Athletik immer weiter nach außen und wird seine 3PAr von nun über 30 Prozent wohl weiter steigern, um Platz für Spieler wie Harrison Barnes, Nerlens Noel und den neuen Hoffnungsträger Dennis Smith zu schaffen. In der Folge greifen die Gegner des 39-Jährigen inzwischen auch deutlich seltener zu unfairen Mitteln: 2016/17 sank seine FTr auf einen Karrieretiefstwert von nur noch 17 Prozent.
Usage Percentage (USG%)
Natürlich wird aber nicht jeder Spieler mit einer hohen 3PAr als reiner Floor-Spacer in die Ecke gestellt, um auf mögliche Spot-up-Würfe zu warten. Unter den Spielern mit Dreierraten deutlich jenseits der 40 Prozent finden sich auch Namen wie Curry, Harden oder Thomas. Diese Stars gehören nicht nur zu den besten Distanzschützen der Liga, sondern tragen in ihren Teams auch darüber hinaus eine enorme offensive Last.
Diese Last wird anhand der sogenannten Usage Percentage gemessen. Sie beziffert den Anteil der Angriffe seines Teams, die ein Spieler mit einem Wurf, einem Ballverlust oder von der Freiwurflinie selbst abschließt, während er auf dem Feld steht. Mit einer USG% von knapp 42 Prozent dominierte MVP Russell Westbrook in seiner unglaublichen Triple-Double-Saison die Offensive der Thunder mehr als jeder andere Spieler in der Geschichte der NBA. Nicht einmal Michael Jordan oder Kobe Bryant hatten zuvor die Marke von 40 Prozent geknackt.
Assist Percentage (AST%)
Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass Westbrook lediglich auf den eigenen Abschluss aus war. Der Point Guard bereitete in seiner Zeit auf dem Court auch mehr als die Hälfte aller erfolgreichen Field Goals seiner Mitspieler direkt vor. Auch mit dieser Assist Percentage von 57 Prozent führte der 28-Jährige die NBA in der letzten Saison an und stieß statistisch in die Sphären eines der besten Passgebers aller Zeiten vor. Nur John Stockton legte 1990 und 1991 einen größeren Anteil der erfolgreichen Würfe seiner Nebenleute auf.
Selbstverständlich bedeutet das nicht, dass Westbrook ein ähnlich guter oder selbstloser Vorbereiter wie der ehemalige Dirigent der Utah Jazz ist. Vielmehr deutet die AST% - gerade in Verbindung mit der ebenfalls hohen USG% - auf die enorm große Rolle und Verantwortung hin, die Westbrook innerhalb der Thunder-Offensive zukam.
Saison 2016/17* | |||||
# | Spieler | USG% | # | Spieler | AST% |
1 | Russell Westbrook | 41,7 | 1 | Russell Westbrook | 57,3 |
2 | DeMarcus Cousins | 36,5 | 2 | James Harden | 50,7 |
3 | DeMar DeRozan | 34,3 | 3 | John Wall | 46,9 |
4 | James Harden | 34,2 | 4 | Chris Paul | 46,8 |
5 | Isaiah Thomas | 34,0 | 5 | LeBron James | 41,3 |
6 | Anthony Davis | 32,6 | 6 | Ricky Rubio | 38,9 |
7 | Damian Lillard | 31,5 | 7 | T.J. McConnell | 37,5 |
8 | Kawhi Leonard | 31,1 | 8 | Rajon Rondo | 37,0 |
9 | Kyrie Irving | 30,8 | 9 | Jeff Teague | 36,4 |
10 | John Wall | 30,6 | 10 | Jrue Holiday | 35,9 |
* Spieler mit mind. 1000 gespielten Minuten
Turnover Percentage (TOV%)
Diese Rolle ging - wie auch bei Rockets-Superstar Harden - mit einer hohen Anzahl von Ballverlusten einher. Westbrook und Harden leisteten sich rund 5,5 Turnover pro Spiel - weit mehr als jeder andere NBA-Spieler in der regulären Saison 2016/17. Doch auch hier lohnt ein genauerer Blick auf die Daten.
Die sogenannte Turnover Percentage misst den Anteil der von einem Spieler abgeschlossenen Angriffe, die in einem Ballverlust enden. Mit einer TOV% von knapp 16 Prozent liegt der MVP ligaweit so nur noch auf Platz 47. Deutlich anfälliger für Turnover waren Spieler wie Rajon Rondo, Ricky Rubio oder Draymond Green. Da (potentielle) Assists jedoch nicht Teil der Statistik sind, werden Spielgestalter, die wie Rondo & Co. nur selten den eigenen Abschluss suchen, durch diese Statistik tendenziell "benachteiligt".