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NFL Third and Long Week 3: Minnesotas Debakel und San Franciscos Alternativen

Die Minnesota Vikings erlebten gegen Buffalo eine komplett unerwartete Demontage.
© getty

Woche 3 in der NFL hatte die bislang größte Überraschung der noch jungen Saison zu bieten - wieso verlieren die Minnesota Vikings derart übel zuhause gegen Buffalo? Außerdem: Welches Team sollte sich Le'Veon Bell schnappen und welche Alternativen bleiben den 49ers infolge der Verletzung von Jimmy Garoppolo?

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Minnesotas Debakel: Wie Buffalos Defense die Vikings zerlegte

Die Niederlage der Vikings gegen Buffalo war ein echter Schocker und die größte Überraschung der Woche. Aber wie konnte das passieren? Wie kann ein derart talentiertes und hochkarätig besetztes Team wie Minnesota, mit einer fest eingespielten, ligaweiten Top-3-Defense, einem guten Quarterback und einem der besten Receiver-Duos der NFL gegen ein Bills-Team im kompletten Umbruch mit einem Rookie-Quarterback zuhause derart Prügel beziehen?

Die Vikings lagen schnell 0:17 und dann über weite Strecken 0:27 zurück und verhinderten nur den Shutout am Ende knapp. Auf Tape sind mir einige Dinge aufgefallen; zwei zentrale Gründe für die Niederlage in meinen Augen: Minnesota hat die Bills unterschätzt und schlicht überheblich gespielt, was sich in Coverage-Busts, Kommunikationsfehlern und dergleichen widerspiegelte.

Ohne Frage eine unschöne Erkenntnis, aber nichts, was Mike Zimmer nicht reparieren könnte (und wird) - alarmierender aber waren die Probleme in der Offensive Line. Die ganze Offseason über hat man die Vikings als eines der komplettesten Teams der Liga eingestuft, stets aber mit dem Zusatz, dass die Line ein Problem sein könnte.

Nur dass man das schon in Woche 3 gegen die Bills, und nicht etwa in einem Playoff-Spiel gegen die Rams oder Eagles so richtig zu spüren bekommen würde - damit konnte man eher nicht rechnen.

Vikings vs. Bills: Turnover hausgemacht

Minnesotas Offensive Line war verheerend. Kirk Cousins hatte 60 Dropbacks in diesem Spiel, die Bills verzeichneten 40 (!) Quarterback-Pressures. Jerry Hughes alleine hatte absurde 13 Pressures, zum Vergleich: Khalil Mack kam gegen Seattle und Green Bay auf 12 - zusammengerechnet.

Die Vikings konnten eine gute, aber sicher keine Elite-Front aus Buffalo also nicht blocken. Und das auch bei simplen 4-Men-Rushs ohne komplexe Pressure- oder Blitz-Designs.

Das ist die eine große besorgniserregende Erkenntnis aus dem Vikings-Spiel. Buffalo blitzte lediglich zehn Mal, woraus kein einziger Pressure resultierte. Cousins brachte gegen den Blitz neun von zehn Pässen an, die Probleme kamen ohne den Blitz.

Vor allem die Edge-Spieler, also die Defensive Ends und auch Outside Linebacker Lorenzo Alexander, bereiteten den Vikings-Tackles dabei riesige Probleme. Probleme, die zumindest zum Teil aber auch hausgemacht waren.

Cousins' erster Fumble kam bei einem langen Third Down. Die Bills deuten einen Edge-Blitz an, bringen am Ende aber nur vier und lassen die Mitte der Line ungedeckt. Dahinter spielen sie eine Zone Coverage.

Cousins nutzt diesen Raum in der Mitte der Pocket auch und verschafft sich Zeit, doch obwohl er einen komplett offenen Receiver hier hat, traut er seinem Read nicht, hält den Ball zu lange und lässt Buffalos Pass-Rush so um die Edge herum durchbrechen.

Zweiter Fumble, ähnliches Bild. Wieder ist es ein langes Third Down und wieder deuten die Bills Pre-Snap einen Blitz an, dieses Mal sogar noch deutlich aggressiver mit allen Linebackern direkt an der Line of Scrimmage. Wieder rushen am Ende nur vier Spieler, die aber mit einem Trick, einem tollen Design.

Auf der rechten Seite kreuzen die Laufwege der beiden Rusher, was den gleichen Effekt wie eine Rub Route für die Offense hat: Der Left Tackle muss um den Running Back in Protection herum navigieren, um den Rusher mit dem tiefen Rush zu verfolgen - das gelingt ihm nicht, Hughes kommt deshalb blitzartig zu Cousins.

Abgerundet wird das Rush-Paket durch den Linebacker auf der Seite. Der macht nach dem Snap einen kurzen Schritt nach vorne und "beschäftigt" so den Left Guard, nur um sich anschließend in Coverage fallen zu lassen. Damit ist der Guard aber aus der Edge-Protection raus und kann nicht mehr unterstützen.

Die Bills haben, wie oben bereits ausgeführt, nur wenig geblitzt und hatten damit auch nicht viel Erfolg. Das hier ist der eine der zehn Blitz-Calls, bei dem Cousins eine Incompletion geworfen hat.

Buffalo spielt dabei eine Cover-1, also einen tiefen Safety, ansonsten Man Coverage überall und fünf Rusher. Tremaine Edmunds, der rechte der beiden Linebacker, ist der primäre Blitzer, für ihn wird der Weg frei geräumt - und hätte Cousins den Ball eine halbe Sekunde länger gehalten, wäre das auch ein Sack gewesen.

Allerdings war das eben die Ausnahme.

Minnesotas Defense im Niemandsland

Doch es war nicht nur die Offensive Line oder ein paar Fehlentscheidungen von Kirk Cousins, die Minnesota dieses Spiel kosteten; die Defense, und das war eben die viel größere Überraschung, war ein mindestens genauso großes Problem.

Einfache Play-Designs in Buffalos Offense hatten eine enorme Wirkung. Beim Touchdown zum 17:0 täuscht Allen einfach einen Screen Pass an, Minnesotas Defense biss komplett an und Croom war völlig offen zum Touchdown. Umgekehrt waren Screen-Receiver und Dumpoffs aber ebenfalls regelmäßig ungedeckt, Run Pass Options, einfache Shovel-Pässe und ähnliches gaben Allen Sicherheit.

Wenig später gab es den 55-Yard Catch-and-Run von Chis Ivory, hier hielt Allen nach einem Play Action Fake das Play am Leben und absolut niemand war für Ivory zuständig.

Auch Play-Action-Screen-Kombinationen funktionierten, Minnesota vergas mehrfach seine Zuordnungen komplett und das sorgte für weit offene Receiver, während sie Allen auch beim Blitz nicht in der Pocket halten konnten und sich dumme Strafen leisteten - Dinge, die man in Zimmers Defense so einfach nicht sieht. Normalerweise.

Und welche Erkenntnisse nimmt man aus so einem Spiel mit? Was das Gesamtbild angeht, ein massiver Ausrutscher eines Teams, das sich angesichts des Gegners vielleicht ein bisschen zu sicher war. Die Tatsache, dass die Vikings-Line aber konstant gegen einen regulären 4-Men-Rush Probleme hatte, ist das eine Detail, was hier wirklich besorgniserregend ist. Auch und gerade mit Blick auf die ganz großen Ziele in Minnesota.

Le'Veon Bell Trade: Welches Team sollte zuschlagen?

Seit Sonntag wissen wir, dass die Pittsburgh Steelers sich Trade-Angebote für Le'Veon Bell anhören und bereit sind, den Running Back gehen zu lassen. Die offensichtliche Frage, die auch in meinen Twitter-Mentions seitdem einige Male gestellt wurde, lautet natürlich: welches Team könnte jetzt Interesse haben? Vielleicht die Jets? Packers? Tampa Bay? Indianapolis?

Aber lautet die wirkliche Frage nicht vielmehr: Sollte überhaupt jemand für Le'Veon Bell traden? Oder in etwas abgeschwächter Form: Für welches Team würde das im Komplettpaket überhaupt Sinn machen?

Die vertragliche Situation ist nicht einfach. Bell hat durch seinen Streik rund 2,5 Millionen Dollar seines Franchise Tags bereits verloren, gut 800.000 Dollar kostet ihn jedes Spiel, das er aussitzt. Ein Schnäppchen wäre er deshalb trotzdem nicht, angenommen er würde den Tag jetzt unterschreiben, dann wären immer noch rund zwölf Millionen Dollar fällig - nur für den Rest dieser Saison.

Dabei ist noch nicht eingerechnet, dass Pittsburgh natürlich auch einen Draft-Pick, mutmaßlich einen hohen Mid-Round-Pick, als Kompensation fordert und außerdem Bell alldem nur zustimmt, seinen Franchise Tag unterschreibt und dann tatsächlich auch getradet werden und für das neue Team spielen kann, wenn er irgendeine mündliche Zusicherung erhält, dass er nach der Saison einen langfristigen Vertrag erhält. Sobald er den unterschreiben kann.

Natürlich würde Bell die meisten Teams in der Liga besser machen. Aber nicht in dem Maße, den das Paket aus Trade-Preis, Franchise Tag und langfristigem Vertrag kostet. Er ist ein sehr guter Running Back, aber kein Spieler, der eine Offense im Alleingang auf ein neues Level hebt. Also ist vielleicht die beste Frage, um all das zusammenzufassen: welches Team ist bereit, für Bell zu viel zu bezahlen?

Für mich war San Francisco mit über 30 Millionen Dollar an Cap Space ein heißer Kandidat, doch die Verletzung von Jimmy Garoppolo verändert für die Niners alles. Die Browns und Colts haben zwar nochmal deutlich mehr Cap Space, sind aber entweder auf der Position bestens aufgestellt (Browns) oder verfolgen offensichtlich einen anderen Weg für den Umbruch (Colts). Die Jets versuchen aggressiv, ihr Team für Darnold besser zu machen - aber wie viel Sinn macht es, in Ergänzung zu Powell und Crowell jetzt zusätzlich viele Ressourcen in Bell zu stecken?

Bei einem Team als mein persönlicher Favorit bin ich dann aber am Ende doch hängen geblieben. Weil es den Cap Space (über 22 Mio. Dollar) hat, genau wie einen Coach, der verzweifelt genug sein könnte und einen Quarterback, der eine sichere Checkdown-Option im Passspiel nur zu gut gebrauchen könnte: die Houston Texans.

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