Alle Jahre wieder bringt EA Sports eine neue Version der beliebten Footballsimulation "Madden NFL" heraus. In Madden 22 stellt sich einmal mehr die Frage, ob es sich um ein mindestens 70 Euro teures Kader-Update handelt oder es tatsächlich mal innovativ wird?
Der erfahrene Madden-Spieler wird beim ersten Betrachten von Madden 22 zwar eine überarbeitete Aufmachung sehen, was bestimmte Menüs angeht, doch insgesamt fühlt sich das alles ziemlich bekannt an. Die Spielmodi etwa sind im Grunde genau die gleichen wie im Vorjahr mit Exhibition, Franchise, Ultimate Team, Face of the Franchise, The Yard und Superstar KO.
Neu ist lediglich die "Madden Championship Series", was im Grunde nichts anderes ist als ein kompetitiver Online-Turniermodus von The Yard, offenbar mit Preisen. Letzteres ließ sich allerdings zur Zeit dieser Review noch nicht testen.
Doch was ist nun eigentlich der zentrale Punkt dieses Spiels? Ist es der Franchise-Modus, der im Vorfeld des Spiels als stark verbessert promotet wurde? Oder doch eher das Ultimate Team, was wie bei der FIFA-Serie wohl die Haupteinnahmequelle dieser Spiele-Franchise ist?
Schaut man genauer hin, könnte man fast meinen, dass The Yard im Vordergrund stünde. Der eigene Avatar ist ein zentraler Teil des Hauptmenüs und wird sowohl beim 6-gegen-6-Spiel auf dem Parkplatz und anderen Locations genutzt als auch im Face of the Franchise. Genau genommen sind beide Modi miteinander verknüpft - gelingt in FOTF etwa ein Fortschritt, wird dieser auf den Avatar für The Yard übertragen. Das kann zum Beispiel die Outfits beeinflussen, die getragen werden können.
Madden 22: Face of the Nike Franchise
Insgesamt scheint sich jedoch an The Yard wenig geändert zu haben. Wie im Vorjahr sind doppelte Pässe immer noch möglich, was so ziemlich das einzig faszinierende an diesem 6-on-6-Modus war und ist.
Face of the Franchise jedoch ist irgendwie noch eine ganze Ecke anstrengender geworden. Nicht, weil es schwierig zu spielen wäre, sondern auf Story-Ebene. Es geht damit los, dass der Spieler jetzt für seinen Avatar eine von vier Positionen auswählen kann - Quarterback, Wide Receiver, Running Back oder Linebacker.
Diese Auswahl allein zeigt schon, dass die Defense und vor allem die Kontrolle dieser weiterhin fernab von befriedigend ist in Madden. Es bleibt ein Graus.
Wichtig ist noch zu erwähnen, dass sowohl QB als auch RB die volle Teamkontrolle erlauben, während WR und LB lediglich im "Player-Lock" funktionieren - man kontrolliert hier nur den jeweiligen Spieler.
Ist diese Entscheidung getroffen, wird zunächst mal ein Spielertyp ausgewählt, der die Statur und die grundsätzlichen Skillsets festlegt. Beim QB gibt es etwa "The General" (Typ Brady), "The Magician" (Mahomes) oder "Lightspeed" (Jackson) zur Auswahl. Hierauf aufbauend lässt sich der eigene Spieler im weiteren Verlauf des Spiels immer weiter verbessern durch Spielleistungen, Trainings und andere Möglichkeiten. Anschließend wird direkt das College ausgewählt - zur Auswahl stehen neun Power-5-Schulen samt ihrer Originaltrikots. Wenig zufällig werden all die zur Auswahl stehenden Colleges von Sportartikelhersteller Nike ausgerüstet.
Was danach passiert, ist ein ultraschneller Durchlauf der College-Karriere. Es gibt zwei kurze Trainingseinheiten, bei denen aber schnell klar wird, was die eigentliche Motivation von EA für die generelle Aufmachung dieses Modus gewesen sein mag. Es wirkt alles wie ein langwieriger Werbespot von Nike!
Madden 22: Am Ende gibt es einen Schuhdeal
Die ersten Trainings finden auf einem Platz statt, der essentiell mit Nike-Logos zugekleistert ist. Kurz darauf gibt es noch zwei einzelne Unterredungen mit einem Coach, der fragt, in welchen Bereichen man sich verbessern möchte - mental oder physisch? EIn Klick auf die jeweilige Option bringt einen Boost im Spiel für die jeweilige Kategorie - ja, so einfach geht das!
Und schon ist das Ende der College-Karriere gekommen. Es wird das Halbfinale im College Football Playoff gespielt, anschließend das Finale.
Eine junge schwarze Frau stellt sich danach dem Spieler als Agentin vor, die durch den Draftprozess führt. Dieser sieht ein "The Yard"-Event entweder in Hawaii oder irgendwo mit Nike-Sponsorship vor. Am Ende dessen gibt es noch ein privates Workout bei den Jets mit drei Einheiten und schon wird der Spieler von den Jets gedraftet - wobei ich jetzt nicht getestet habe, ob es immer die Jets sein müssen ...
Nach dem Draft gibt es dann freilich noch eine weitere Cut-Scene, in der ein Schuhdeal abgeschlossen wird - den Hersteller könnt Ihr Euch vermutlich nun schon denken.
Und hier sind wir dann auch schon am Punkt Realismus. Für eine Simulation werden nämlich einige Freiheiten genutzt. Warum etwa würden die Jets im Jahr 2021 einen QB draften, nachdem sie mit Zach Wilson ohnehin schon ihren Franchise-QB früher gezogen haben und der auch im Kader steht?