"Ich bin eben später ins Bett gegangen"

Jonas Hummels wurde 2007 mit der B-Jugend des FC Bayern München Deutscher Meister
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SPOX: Wenn Sie mit Ihrem Bruder als Privatpersonen in der Öffentlichkeit auftauchen, kann es sicherlich problematische Situationen geben. Wie froh sind Sie für sich persönlich, nicht überall erkannt und angesprochen zu werden?

Hummels: Darüber bin ich schon erleichtert. Mir würde es nicht gefallen, wenn ich an jedem Ort, an dem ich mich aufhalte, derart für Aufmerksamkeit sorge. Wenn wir gemeinsam unterwegs sind, hält sich das zwar meistens in Grenzen. Es kann aber manchmal auch wirklich unhöflich werden und dann nervt es natürlich schon. Wenn man beispielsweise ungestört essen gehen möchte und dann auch darauf hinweist, dass man heute keine Fotos machen will und es findet kein Gehör, dann ist das problematisch. Mats geht aber erstaunlich souverän damit um. Ich weiß nicht, ob mir das immer so galant gelingen würde.

SPOX: Muss man als Person mit einem solch hohen Bekanntheitsgrad dann hin und wieder auch einmal eine Schutzhaltung annehmen, die vielleicht als Arroganz umgedeutet werden könnte?

Hummels: Mich betrifft das ja nicht, ich werde selten belagert. (lacht) Man sollte einfach höflich bleiben und auch ein Nein akzeptieren können. Man wird doch in den wenigen Fällen Nein sagen dürfen, ohne gleich als arrogant wahrgenommen zu werden? Wenn dann allerdings gleich beleidigt wird, ist es natürlich nicht so schön. Wenn wir mit mehreren unterwegs sind, machen wir uns da aber in der Regel selbst einen Spaß daraus. Dann geht halt eben ein Kumpel von uns zu Mats und fragt auch nach einem Foto.

SPOX: Wie sehr würde es Sie eigentlich stören, wenn wir in diesem Gespräch ausschließlich über Ihren Bruder reden würden?

Hummels: Ich würde nach zehn Minuten gehen. Ich bin ja nicht der Ansprechpartner, um Fragen zu Mats zu beantworten oder seine Leistungen zu kommentieren. Das halte ich schlicht nicht für sinnvoll und wäre mir deshalb zuwider. Ich nehme viele Anfragen nicht wahr, weil es oft eben ausschließlich um ihn gehen soll und es niemandem etwas bringt, wenn ich mich dazu äußere.

SPOX: Greift das auch den eigenen Stolz an, wenn Sie ständig auf Ihren Bruder angesprochen werden?

Hummels: Ob Stolz das richtige Wort ist, weiß ich nicht. Man will als eigenständige Person wahrgenommen werden, das ist ja klar. Wenn es häufig vorkommt, dass man nur als 'der Bruder von' bezeichnet wird, dann nervt es natürlich und stört mich. Andererseits geht das auch irgendwo links rein und rechts wieder raus.

SPOX: Was müsste denn passieren, damit Sie eines Tages deutlich seltener "der Bruder von..." wären?

Hummels: Ich muss wohl die Welt neu erfinden, damit das nie mehr passiert. (lacht) Daran werde ich nichts mehr verändern können, als Fußballer erst Recht nicht. Es ist in Ordnung, dass Mats allgegenwärtig ist. Das kann ja auch ganz witzig sein. Wenn ich im Pokal auf dem Dorf spiele und als der Bruder von Mats angekündigt werde, dann gibt es natürlich auch Leute, die sagen: 'Der kann ja gar nix.' Dafür habe ich auch Verständnis und würde es wohl genauso machen.

SPOX: Wie sah denn eigentlich früher das sportliche Konkurrenzdenken zwischen Ihrem Bruder und Ihnen aus?

Hummels: Es gab keinen Tag, an dem es keinen Streit gab. (lacht) Wir haben neben Fußball auch Tischtennis, Badminton oder Basketball gespielt und aus allem einen Wettkampf gemacht. Derjenige, der gewann, hatte eben nur Glück. Es gab aber nie Missgunst oder Neid zwischen uns, bis heute nicht. Ich sitze nicht zu Hause und ärgere mich, weil Mats einen Titel gewonnen hat und ich nicht.

SPOX: War schon frühzeitig klar, dass es für Sie beide zum Profi reichen wird?

Hummels: Ich hatte früher lange Zeit gar nicht so sehr den Fokus darauf gelegt wie Mats. Mir war das nicht so wichtig, Mats dagegen schon immer. Er war entschlossener und hatte schon frühzeitig das konkrete Ziel, Fußballprofi zu werden. Er hatte auch eine höhere Bereitschaft dazu, Sachen aufzugeben. Klassisches Beispiel: wenn eine Party und nächsten Tag Training war, ist er zu Hause geblieben und ich bin eben später ins Bett gegangen. (lacht) Bei mir kam die Überzeugung, es auch zum Profi schaffen zu können, erst in der A-Jugend von Unterhaching.

SPOX: Immerhin gibt es zumindest keine sportlichen Vergleiche zwischen Ihrem Bruder und Ihnen.

Hummels: Das stimmt. Den Druck habe ich auch für mich selbst nicht. Ich finde es natürlich cool, was er erreicht hat. Dazu bin ich mit meiner eigenen Karriere ebenfalls zufrieden. Hätte man mich in der Jugend bei Bayern als 16-Jährigen gesehen und gesagt, der würde mal Kapitän einer Drittligamannschaft, dann hätte man denjenigen einweisen müssen.

SPOX: Welche Rolle spielen für Sie die Faktoren Glück und Pech, wenn man den Verlauf der Karrieren von Ihrem Bruder und Ihnen betrachtet?

Hummels: Das existiert für mich nicht, ich kann das nicht greifen. Glück und Pech sind eher nur eine Ausrede. Es bringt mir nichts zu sagen, dass ich viel Verletzungspech hatte. Ich kann ja auch nicht behaupten, was gewesen wäre, wenn ich mich nicht verletzt hätte. Vielleicht hatte ich ja auch grundsätzlich irgendwelche körperliche Schwächen. Das ist mir letztlich alles zu hypothetisch.

SPOX: Ihr Bruder vertritt in der Öffentlichkeit seine Meinung in aller Deutlichkeit. Könnten Sie vor der Presse auch so extrovertiert sein wie er?

Hummels: Mats ist nicht extrovertiert, sondern einfach ehrlich. Leider ist es inzwischen die Regel, dass einem die Worte im Mund umgedreht werden, wenn man einmal etwas Kritisches sagt. Kein Wunder, dass sich dann die meisten zurückhalten oder ständig dieselben Aussagen treffen. Ich habe kürzlich ein gutes Beispiel gesehen, als ein Reporter einen Spieler nach dem Spiel lediglich fragte: 'Und?' Da bekam er letztlich die gleiche Antwort, wie wenn er gefragt hätte, wie die Partie aus Sicht des Spielers gelaufen sei. Dann kam man die Interviews unmittelbar nach Schlusspfiff auch gleich sein lassen.

SPOX: Ihr Bruder sagte kürzlich, die Schwelle zum Skandal sei ziemlich gesunken.

Hummels: Damit hat er auch vollkommen Recht. Ich denke, er wird sich künftig schon seine Gedanken machen, wie er sich öffentlich äußern wird oder ob er sich nicht mehr zurückhält. Es wird ja immer bedauert, dass die Typen im Fußball verloren gehen würden. Wenn aber aus so wenig so viel gemacht wird, dann können die Typen ja gar nicht mehr existieren. Dann wird man Spieler haben, die gleich geschalten sind und keine eigene Meinung äußern.

SPOX: Mats nannte man kürzlich scherzhaft "Motzki". Haben Sie davon auch etwas abbekommen?

Hummels: In mir steckt schon auch ein Motzki, das gebe ich gerne zu. Ich bin vielleicht etwas süffisanter als Mats, dann fällt das möglicherweise weniger auf. In der Whatsapp-Gruppe mit unseren Kumpels wurde kürzlich jedenfalls er und nicht ich als Motzki bezeichnet. (lacht) Ich bin kein Freund von schnellen Beschönigungen und mag Typen, die kein Problem damit haben, unbequeme Dinge offen zu benennen.

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