Wawrinka: "Ich bin kein Superstar"

Stan Wawrinka hat in seiner Karriere bislang 8 Titel gewonnen
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SPOX: Einen großen Anteil an Ihrem Erfolg hat sicher auch Ihr Coach Magnus Norman. Gerade im mentalen Bereich haben Sie sich enorm verbessert. Was macht er mit Ihnen?

Wawrinka: Wir reden einfach sehr viel. Das ist das Wichtigste. Wir reden viel, auch über viele Sachen abseits des Tenniscourts. Ich mag die Art und Weise, wie er an Dinge rangeht. Er ist ein sehr ruhiger Typ, ein großartiger Zuhörer und er war natürlich selbst ein toller Spieler. Er weiß, wie es sich anfühlt, wenn man auf einen vollen Centre Court läuft, oder wenn man ein Grand-Slam-Finale spielt.

SPOX: Was viele nicht wissen: Ihr Vater Wolfram ist Deutscher. Steckt eigentlich noch irgendwas Deutsches in Ihnen?

Wawrinka: (lacht) Ich muss Sie enttäuschen, aber ich bin zu hundert Prozent ein stolzer Schweizer. Mein Vater spricht natürlich perfekt Deutsch, aber ich leider nicht. Ich verstehe einige Sachen, aber da muss ich mich schon richtig konzentrieren.

SPOX: Sie sind mit Ihrer Familie auf einem Bauernhof aufgewachsen. Hört sich nach einem sehr behüteten Elternhaus an?

Wawrinka: Ja, ich hatte wirklich eine tolle Kindheit. Ständig draußen zu sein, die Nähe zu den Tieren, ich fand das klasse. Oder wenn ich mit meinem Vater mit dem Traktor rausgefahren bin, das hat auch immer großen Spaß gemacht.

SPOX: Als Sie dann 15 Jahre alt waren, haben Sie die reguläre Schule verlassen, um sich voll auf die Tennis-Karriere zu konzentrieren. Wie schwer war diese Entscheidung, gerade für einen schüchternen Jungen?

Wawrinka: Wenn du so eine Entscheidung triffst, ist es nie leicht. Aber meine Eltern standen hinter der Entscheidung. Wenn wir jetzt zurückschauen, kann man wohl sagen, dass es die richtige war. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass ich Tennis spielen will und sonst nichts anderes. Es ist wahr, dass ich ein schüchterner Typ bin und auf den ersten Blick etwas ruhiger. Aber Leute, die mich gut kennen, wissen, dass ich auch eine andere, extrovertierte Seite habe.

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SPOX: Auf dem Platz sieht man ja auch viele Emotionen bei Ihnen. Da muss man nur an das US-Open-Halbfinale 2013 gegen Novak Djokovic denken, bei dem Sie Ihr Racquet ordentlich zerstört haben. Das muss halt manchmal sein, richtig?

Wawrinka: Also ich versuche ja schon, keine Racquets zu zerstören. Ich habe super Schläger und ich weiß, wie viel Arbeit in der Produktion steckt. Aber was soll man machen? Manchmal passiert es eben doch. Ich kann mich mitten in einem Match nicht immer kontrollieren.

SPOX: Als Marcos Baghdatis seinen berühmten Ausbruch in Melbourne hatte, waren Sie nahe dran. Sie waren sein Gegner in dem Match.

Wawrinka: Richtig. Als Marcos da so durchgedreht ist und seine Schläger kaputt gemacht hat, musste ich erstmal versuchen, den Fokus zu behalten. Ich habe danach dann auch das Video gesehen. Ich muss zugeben, dass das schon echt lustig war. (lacht)

SPOX: Sie sind jemand, der sich auch sehr viel von berühmten Zitaten inspirieren lässt. Wenn wir über Ihr Tattoo und den Spruch von Samuel Beckett "Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better" reden, was gefällt Ihnen gerade daran so gut?

Wawrinka: Ich habe mir das Tattoo machen lassen, weil es so ein bisschen widerspiegelt, wie ich mein Leben sehe, und vor allem mein Tennisleben. Als Tennisspieler musst du dich daran gewöhnen, jede Woche zu verlieren. Wenn du das Turnier nicht gewinnst, gehst du jede Woche als Verlierer nach Hause. Aber dann kommt es darauf an, dass du das Positive aus den Niederlagen ziehst und dich dadurch verbesserst. Jede Niederlage macht dich besser.

SPOX: Sie retweeten relative oft solche Sprüche, die zur Motivation dienen. Zum Beispiel: "Zwei Dinge definieren dich: Die Geduld, wenn du nichts hast und die Einstellung, wenn du alles hast." Oder: "Sei nie ängstlich, etwas Neues zu probieren." Was passt denn am besten zu Ihnen?

Wawrinka: Das ist eine sehr gute Frage. Mir gefällt Beckett wie gesagt sehr gut, weil es zu meinem Sportlerleben passt. Außerdem bin ich auch jemand, der es mag, neue Sachen auszuprobieren. Ich liebe es zum Beispiel, an exotische Plätze zu reisen und überall das einheimische Essen zu probieren.

SPOX: Wir haben vorhin darüber gesprochen, dass es für Sie immer klar war, dass Sie Tennisspieler werden wollen. Sie sind auch ein großer Eishockey-Fan. Wenn es mit dem Tennis nicht geklappt hätte, würden wir Sie dann jetzt in der NHL sehen?

Wawrinka: Das glaube ich nicht. Ehrlich gesagt bin ich kein sonderlich guter Schlittschuhläufer, das würde nicht reichen. Wenn ich kein Tennisspieler wäre, wäre ich gerne Koch und würde gerne ein eigenes Restaurant führen. Kochen ist eine Leidenschaft von mir. Aber es stimmt, ich bin ein ganz großer Eishockey-Fan. Im vergangenen Jahr habe ich in L.A. die Kings mal live gesehen, das war super. Mein Verein ist aber der HC Lausanne. Als wir in die erste Liga aufgestiegen sind, war das mein schönstes Eishockey-Erlebnis überhaupt. Jeder war so glücklich. Wir haben im ersten Jahr dann auch sofort die Playoffs erreicht und in dieser Saison sieht es auch wieder ganz gut aus. Ich verfolge alle Lausanne-Spiele, egal wo ich gerade bin.

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