SPOX: Sie haben die Tennis Base in Hannover angesprochen. Wie viel Zeit stecken Sie in Ihre Tätigkeit dort?
Kiefer: Das ist schon zeitintensiv, gerade bei den jungen Spielern kann man noch relativ viel richten. Ich will jetzt nicht sagen "tagtäglich", das hängt ja auch davon ab, ob die Jugendlichen auf einem Turnier unterwegs oder im Trainingslager sind. Aber wenn sie hier sind, versuche ich auch so oft wie möglich hier zu sein.
SPOX: Und sonst?
Kiefer: Heute Vormittag habe ich Golf gespielt.
SPOX: Auch nicht schlecht.
Kiefer: Naja, das war eine Ausnahme. Ich bin mehr der Sommerspieler, da spiele ich gern ab und zu ein bisschen Golf, wenn gutes Wetter ist. Aber ich investiere schon viel Zeit in die Tennis Base - nach diesem Gespräch geht es direkt wieder auf den Platz. Ansonsten mache ich noch nebenbei meine Tenniscamps für Robinson, und für den einen oder anderen Partner muss man natürlich auch zur Verfügung stehen.
SPOX: Spielen Sie selbst auch noch?
Kiefer: Ja, letztes Jahr sind wir mit Ratingen Deutscher Meister in der Herren 30 Bundesliga geworden. Dieses Jahr ist es das große Ziel, den Titel zu verteidigen.
SPOX: ImFernsehen sind Sie auch noch zu sehen.
Kiefer: Da bin ich als Experte bei SAT.1 tätig und kommentiere die FED Cup und Davis-Cup-Spiele. Ansonsten schau ich mir auch viel an. Hauptsächlich die Grand-Slam-Turniere. Die kleineren verfolgt man natürlich auch, aber am Ende des Tages zählt es eben bei den großen Turnieren.
SPOX: Und wem drücken Sie die Daumen?
Kiefer: Roger Federer. Ich bin absoluter Federer-Fan.
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SPOX: Gibt es eine generelle Tendenz? Sind Sie für die jungen Wilden, oder gerade für die Älteren, gegen die Sie selbst noch gespielt haben?
Kiefer: Mit den alten Hasen habe ich noch selbst gespielt, mit den Jüngeren weniger. Deshalb ist zu den älteren Spielern mehr Kontakt da und ich drücke ihnen eher die Daumen.
SPOX: Sie haben einmal gesagt, dass der Nachwuchs in Deutschland zu früh zufrieden ist. Nicht mehr bereit ist, sich zu quälen. Wie kann man da gegensteuern?
Kiefer: Das ist ja gerade das Schöne daran, dass wir hier so junge Talente haben, denen man relativ viel beibringen kann. Wenn man natürlich 17, 18 oder 19-Jährige hat, ist es schon ein bisschen schwieriger. Wir arbeiten viel auf dem Platz, aber auch abseits, suchen Gespräche und gehen es auf der mentalen Schiene an.
SPOX: Aber ein Trainerjob auf der Tour war für Sie persönlich nie eine Option?
Kiefer: Gut, ich war einmal drei Wochen mit Maria Sharapova unterwegs, weil sie jemanden gesucht hat. Sie wollte auch, dass ich dann permanent dabei bin, aber das ging natürlich nicht, weil ich meine Verträge und Vereinbarungen hier in Hannover habe. Und meine Familie auch, was mir viel wichtiger ist, als das ganze Jahr permanent unterwegs zu sein. Eine Woche ab und zu, das ist alles kein Problem, und wer hier in Hannover trainieren möchte, der ist herzlich willkommen. Aber aus Taschen und Koffern zu leben, das hab ich jetzt 15 Jahre gemacht, das muss nicht mehr sein. Vielleicht ab und zu mal, aber nicht mehr.
SPOX: Wie war das damals in den drei Wochen? Waren Sie nur Hitting Partner?
Kiefer: Wir haben viel gespielt und ich habe mich mit dem damaligen Trainer Thomas Hogstedt ausgetauscht. Einfach mal in die andere Seite reingeschnuppert.
SPOX: Was das Leben aus Koffern angeht. Die Champions Tour oder etwas in der Art wäre deshalb keine Option?
Kiefer: Nein, aber ich habe mir da auch nie groß Gedanken gemacht. Und es ist auch schön, mal zuhause zu sein. Deshalb habe ich auch aufgehört mit dem Tennis. (lacht)
SPOX: Eine weitere Rolle bei Ihrem Karriereende haben vielleicht auch die vielen Verletzungen gespielt. Können Sie sich überhaupt noch an alle erinnern?
Kiefer: Mein Spiel war natürlich auch sehr kräftezehrend. Ich bin viel gerutscht, gerade auch in der Halle oder auf Hartplatz, das war also eine hohe Belastung. Ich denke, das gehört dazu. Da kann ich mir auch keine Vorwürfe machen. Ich habe immer versucht, alles zu geben, und da muss man sich einfach bewusst sein, wenn man in diesen Tennis-Zirkus will, dass alles passieren kann. Und deshalb bin ich froh und dankbar - und das war mir ganz wichtig zu Beginn meiner Karriere -, dass ich zuerst die Schule und das Abitur gemacht habe, und danach erst eingestiegen bin. Das ist natürlich auch eine Sache, die wir unseren Jungs und Mädels hier verdeutlichen: wie wichtig diese schulische Ausbildung ist.
SPOX: Gab es schon früher Gedanken ans Karriereende, als es gesundheitlich einfach nicht so lief?
Kiefer: Naja, es gibt immer so Phasen, wenn es nicht so läuft. Das wissen Sie wahrscheinlich auch, wenn Sie Sport machen: Selbstvertrauen ist alles. Und wenn man dann verliert, kommen relativ schnell Zweifel. Aber andererseits muss man sich dann ganz schnell auch wieder bewusst werden: Warum mach ich das alles? Warum stehe ich morgens auf? Warum gehe ich bei Regen raus laufen? Warum ackere ich den ganzen Tag? Warum werfe ich die Medizinbälle, hebe ich die schweren Hanteln, und so weiter. Warum mach ich das alles? Und wenn man sich das bewusst macht und ganz klare Ziele vor Augen hat, wird einem schnell auch wieder bewusst: Gar kein Problem, du kommst da wieder raus.
SPOX: Ähnlich sieht man das jetzt ja auch bei Tommy Haas, der in den letzten Jahren extrem viele Verletzungsprobleme hatte. Keiner weiß, wie es bei ihm weitergeht. Da fühlt man mit?
Kiefer: Ja, das ist auch schwer für ihn. Nach den ganzen Schulter-OPs ist es nicht einfach. Wichtig ist, und das kann man ihm nur wünschen, dass er den richtigen Absprung schafft. Andererseits kann man bei ihm auch wieder sehen, wie groß die Liebe zum Sport ist. Was auch Vorbild sein kann für den Nachwuchs und die Jugend.
SPOX: Wenn wir schon bei Haas sind: Sie waren im Laufe der Karriere immer irgendwie verbunden. Mal war er ein bisschen weiter oben, mal Sie. Wenn man von den Medien immer wieder ins Duell getrieben wird von wegen "Wer ist die deutsche Nummer eins?" - macht es das schwer, eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen?
Kiefer: Es war schwer. Man darf nicht vergessen: Er ist ja in Amerika aufgewachsen und ich hier. Man hat sich geschätzt, man hat sich respektiert, und auf den Turnieren war es kein Problem, dann hat man miteinander trainiert. Einerseits war man Konkurrent, andererseits hat man sich natürlich geschätzt, ob es jetzt der World Team Cup war oder der Davis Cup.
SPOX: Gibt es heute noch Kontakt?
Kiefer: Wenn wir uns auf Turnieren sehen, wenn ich mal unterwegs bin. Aber da ich ja nicht mehr viel unterwegs bin, nur in Halle/Westfalen ab und zu mal... Man sieht sich, tauscht sich kurz aus, plaudert ein bisschen über die Kinder und was sonst so ansteht, und das war's dann.
SPOX: Das Verhältnis zwischen Ihnen und den Medien war auch nicht immer leicht. Kann man im Rückblick sagen, woran das lag? Weil Sie einfach nicht immer so mitspielen wollten?
Kiefer: Ich war halt so, ich hatte meine Meinung, hab die dann auch so vertreten und hab mich nicht groß verbiegen lassen. Da, muss ich sagen, konnte ich mich immer ganz gut mit einem Fredi Bobic identifizieren, auch als Typ. Mit ihm habe ich mich vor allem zu seiner Zeit bei Hannover 96 viel ausgetauscht. Es war halt so: Entweder man mag eine Person oder man mag sie nicht - ein Mittelding gibt es da auch nicht, glaube ich. Natürlich hat man das eine oder andere Mal angeeckt, aber das war mir lieber als ein Spielchen mitzuspielen oder mich in eine Schublade reinstecken zu lassen. Und das wurde natürlich anfangs versucht: eine Schublade Haas, eine Schublade Kiefer. Aber wir haben das eigentlich gar nicht mit uns machen lassen. Wir haben unser Ding gemacht, für uns stand der Sport im Vordergrund, nicht die Themen drumherum.
SPOX: Wenn es damals schon Social Media gegeben hätte: Wäre das Ihr Ding gewesen, um die eigene Meinung komplett unverfälscht unters Volk zu bringen?
Kiefer: Na gut, dafür hat man ja seine Leute, sein Team um sich herum, die sich um die wirtschaftlichen oder Pressesachen kümmern. Das hat früher funktioniert und das funktioniert heute auch so. Bleiben wir bei der Old-School-Variante. Ich bin ohnehin kein Techniker, deshalb werden Sie von mir da nicht viel finden (lacht).
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