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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 13 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 13 in der NFL.
© getty
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5. Russell Wilson Debakel: Der Ritt auf der Kanonenkugel

Die Geschichten des Barons von Münchhausen sind - wie einst die Highlights von Russell Wilson - geprägt von physikalisch irrwitzigen Vorkommnissen.

Da springt er mit seinem Pferd durch eine fahrende Kutsche, er wirft seine Axt bis auf den Mond und klettert mit einer Bohnenranke hoch, um sie wieder runter zu holen - und während der Belagerung einer Stadt springt er kurzerhand auf eine abgefeuerte Kanonenkugel, um auf diesem Wege die Mauern zu überwinden und die feindliche Stadt ausspionieren zu können.

Es sind Geschichten, die so absurd sind, dass sich die Frage nach dem Wahrheitsgehalt nicht einmal in der lebhaftesten Fantasie stellt, und manchmal frage ich mich, ob Broncos-Fans nicht ähnlich verwirrt reagiert hätten, hätte man ihnen vor vier Monaten vorausgesagt, wo das Team im letzten Saisondrittel stehen würde.

Dass das erste Matchup zwischen Russell Wilson und Patrick Mahomes innerhalb der Division aus dem Sunday-Night-Spot rausgetauscht werden würde. Dass bereits die Taschenrechner diverser Broncos-Analysten heiß laufen, um herauszufinden, mit wie viel finanziellem Schaden man sich von Russell Wilson zeitnah trennen könnte.

Dass wir vor Woche 13 nicht über Wilson vs. Mahomes, sondern darüber diskutieren würden, ob es jetzt gut oder schlecht ist, dass die Hälfte des Teams zu Wilsons Geburtstagsfeier kam - hätten es mehr sein müssen? Ist es eine normale Zahl? Ist es ein Zeichen dafür, dass Wilson den Locker Room verliert? -, und die andere Hälfte eben nicht.

Broncos auch gegen Baltimore enttäuschend

Doch an dem Punkt sind wir mit dieser Broncos-Saison angekommen. Und Wilson sah gegen Baltimore anfangs sogar etwas agiler aus, aber die Tatsache, dass Denver dieses Spiel gegen ein dezimiertes Ravens-Team ohne Lamar Jackson, nicht runter gespielt bekommt, unterstreicht, wie fragil dieses Team ist. Die Broncos haben jetzt in zehn Spielen dieses Jahr weniger als 17 Punkte erzielt, so kann niemand in der heutigen NFL erfolgreich sein.

Und dabei ist es leicht, jetzt über die Broncos zu lachen. Aber zur fairen Gesamtbetrachtung gehört auch, dass Nathaniel Hackett für die meisten einer der Top-Head-Coach-Kandidaten auf dem Markt war. Und es gehört dazu, dass der Trade für Russell Wilson mehr oder weniger unisono gelobt wurde.

Ein Broncos-Team, das sich seit Peyton Manning von Trevor Siemian zu Paxton Lynch, Case Keenum, Joe Flacco, Drew Lock und Teddy Bridgewater gehangelt hat, schien endlich seine Quarterback-Lösung gefunden zu haben. Selbst wenn Wilson etwas nachgelassen hatte, sollte er der mit Abstand beste Quarterback in Denver seit der Hochphase mit Manning werden - und diese Prognose schien selbst mit einer gehörigen Portion Realismus noch sehr tief gestapelt.

Und während es unbestreitbar ist, dass Wilson körperlich abgebaut hat, dass sein ganzes Spiel an Tempo und Power verloren hat, so wäre es Unsinn, ihn alleine hier in die Schusslinie zu ziehen.

Hacketts mitunter desolates Game Management ist gut dokumentiert, aber es ist auch die Offense. Routes, die schlecht designed und schlecht gelaufen sind. Eine dezimierte O-Line, die kein vernünftiges Run Game zulässt. Wilson als Quick-Game-Passer viel aus der Shotgun, ohne konstante Accuracy oder gutes Pocket-Management.

Denvers offensive Probleme sind vielschichtig. Doch es ist enttäuschend, dass, nach allem, was die Broncos in ihn investiert haben, Russell Wilson nicht zumindest Teile dieser Probleme überwinden und einige der Defizite in anderen Bereichen kompensieren kann.

Broncos: Ist Hackett als Head Coach One-and-Done?

Wilson ist rein aus vertraglicher Perspektive vorerst der Fixpunkt, und dennoch ist es unvorstellbar, dass die Broncos mit dem gleichen Setup auch in die kommende Saison gehen. Umso weniger, da das Team verkauft wurde und neue Besitzer hat, seit Hackett im Vorjahr verpflichtet wurde.

Keine direkte Verbindung zwischen Teambesitzern und Hackett, eine Vielzahl an Problemen, die auf den Head Coach zurückzuführen sind, und in der Gleichung ist der Quarterback derjenige, von dem man sich kurzfristig kaum trennen kann: Hackett wird seinen Job zum Saisonende verlieren, davon gehe ich aus.

Und Wilson? Diese realistischen - einen Trade halte ich angesichts des Vertrags und seiner gezeigten Leistungen für nahezu ausgeschlossen - Möglichkeiten hätte Denver in der kommenden Offseason:

  • Die Broncos könnten Wilson ganz direkt in der kommenden Offseason entlassen - und würden einen Dead-Cap-Hit über 107 Millionen Dollar für 2023 schlucken. Das würde die 2023er Saison zu einem reinen Übergangsjahr machen, mit dem mit Abstand höchsten Dead Cap Hit aller Zeiten, mehr als doppelt so viel wie die Bestmarke, welche die Falcons mit Matt Ryan in dieser Saison aufstellten.
  • Die Broncos könnten den Option-Bonus aktivieren, womit der Bonus aus Cap-Perspektive in einen Unterschriftsbonus umgewandelt wird. Dann könnten sie Wilson als Post-June 1 Cut designieren, dann würden wir über 61 Millionen Dead Cap 2023 und 46 Millionen Dead Cap 2024 sprechen. Machbar - aber eine heftige Hypothek für die nächsten beiden Jahre.

Eine Entlassung nach der 2023er Saison ist der realistischste erste Ausweg. Denver könnte Wilson dann ebenfalls als Post-June 1 Cut festlegen, womit 35,4 Millionen Dead Money 2024 und 49,6 Dead Money 2025 in den Büchern bleiben würden.

Immer noch viel, aber es würde den Broncos die Gelegenheit geben, Wilson nochmal für ein Jahr zu evaluieren - eventuell dann auch mit neuem Coach -, um danach gegebenenfalls das Ende mit (halbwegs verkraftbarem) Schrecken, statt den Schrecken ohne Ende zu wählen.

Münchhausen, für alle, die die Geschichte nicht kennen, wählt übrigens bei seinem Ritt auf der Kanonenkugel auch den schnellen Rückzug: Während er auf der großen Kugel Richtung Stadt ritt, fiel ihm auf, dass er zwar sehr wohl auf diesem Wege in die feindliche Festung hineinkommen würde - aber wie sollte er wieder rauskommen?

Sein Fehler wurde ihm nur allzu schnell bewusst, doch er fand den schnellen Ausweg: Eine feindliche Kanonenkugel aus der Festung flog ihm entgegen, sodass er kurzerhand in der Luft von einer Kugel auf die andere umstieg, und unbeschadet in das eigene Lager zurück flog.

Ganz so unbeschadet wird es für die Broncos nicht laufen. Doch die nächste Kanonenkugel in die entgegengesetzte Richtung ist in der NFL manchmal näher, als man denkt.