Dass ein Bundesligist bei ausbleibendem sportlichen Erfolg den Trainer entlässt, ist zur Alltäglichkeit geworden. Nun hat auch der FC Bayern mal wieder die Mechanismen des Geschäfts bemüht und Jürgen Klinsmann nach unübersehbaren Fehlern und nicht zuletzt aufgrund des öffentlichen Drucks vor die Tür gesetzt.
Auf einer Pressekonferenz schilderte der Bayern-Vorstand am Montag dann lang und breit, wie man zu dem Entschluss kam, Klinsmann/Vasquez durch den absoluten Gegenentwurf Heynckes/Gerland zu ersetzen, um das in Gefahr geratene Saisonziel direkte Champions-League-Qualifikation nicht aus den Augen zu verlieren.
Uli Hoeneß nannte sich und seine Vorstandskollegen Karl-Heinz Rummenigge und Karl Hopfner dabei ungewohnt blumig "alte Phantasten", die noch daran glauben, "dass wir mit neuem Schwung vielleicht noch das Unglaubliche schaffen und doch noch deutscher Meister werden".
Was der Vorstand jedoch phantastisch vermied, war sich selbst eine Teilschuld einzugestehen. Vielmehr formulierten Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß das Schuldeingeständnis, ein auf zwei Jahre angelegtes Projekt schon nach zehn Monaten gekappt zu haben, im Zusammenhang mit der Einstellung von Jupp Heynckes in einen "Befreiungsschlag" mit "Aufbruchsstimmung" um.
Dabei sollte, wenn sich der Rauch an der Säbener Straße erstmal verzogen hat, klar sein: Der Vorstand hat den Trainer sehenden Auges ins Verderben rennen lassen und trägt an der Misere mindestens genauso viel Schuld wie Klinsmann.
Beispiele dafür finden sich zur Genüge. Dass dem FC Bayern in dieser Saison ganz simpel die Kadertiefe fehlt, um auf drei Hochzeiten mitzumischen, zum Beispiel. Rufe des überforderten Trainers nach einem vierten Stürmer verhallten im Nichts, Perspektivspieler wie Marcell Jansen und Toni Kroos wurden gar - auf wessen Ansinnen auch immer - an die Konkurrenz abgegeben.
Dass mit Oliver Kahn die größte Stütze das Team vor der Saison verlassen hatte, man aber keinen Bedarf sah, das Vakuum sportlich wie hierarchisch neu zu füllen, kann man ebenfalls dem Vorstand mit anlasten.
Und nicht zuletzt war es doch der Vorstand, der immer wieder von Nachhaltigkeit sprach und stets betonte, den von Klinsmann angestrebten Reformen mindestens zwei Jahre Zeit zu geben.
Den Motor bei voller Fahrt wechseln zu können und die Meisterschaft im Vorbeifahren einfach so einkassieren zu können, war ein fataler Irrglaube, dem Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge aufgesessen sind.
Am Montag betonten beide, wie überzeugend Klinsmanns Konzept im Januar 2008 gewesen ist. Derart geblendet übersah der Bayern-Vorstand scheinbar zehn Monate lang, dass der neue Trainer ein massives Problem hatte, die Mannschaft dazu zu bringen, seine Vorstellungen auf dem Platz umzusetzen.
Der Vorstand hat Klinsmann auch sicher keinen Gefallen getan, ihn schon im Oktober - nach Niederlagen gegen Bremen (2:5) und Hannover (0:1) sowie einem 3:3 gegen Bochum - zu diktieren, nicht zu viel an der Entwicklung des Teams zu schrauben, sondern vielmehr die nackten Ergebnisse im Auge zu behalten.
Klinsmann vertraute fortan nur einer geringen Zahl an Spielern, um dem Prinzip "Ergebnis first" seiner Vereinsoberen Rechnung zu tragen - und fuhr damit an die Wand.
Noch mal zur Erinnerung: Jürgen Klinsmann war neben dem allzu klaren sportlichen Minimalziel Meisterschaft vor allem damit beauftragt worden, dem Verein eine neue Philosophie zu verpassen. Dies sollte innerhalb von zwei Jahren passieren; am Ende hat er nur zehn Monate und eine wie blanker Hohn anmutende Zeile in einer Pressemitteilung bekommen.