Orban spricht über inspirierende Bücher, eine Fehlinvestition in eine brasilianische Ölfirma und die schwierigen Umstände seines Wechsels vom 1. FC Kaiserslautern nach Leipzig. Außerdem berichtet er von Timo Werners Umgang mit Anfeindungen, Julian Nagelsmanns Analogien und Peter Gulacsis Statement gegen Homophobie.
Herr Orban, Sie gelten als begeisterter Leser. Welches Buch liegt bei Ihnen gerade am Nachttisch?
Willi Orban: Ein Buch über Krafttraining namens "Dinosaur Training". Darin geht es um vergessene Geheimnisse des Krafttrainings und die Besinnung auf altbekannte Übungen. Wenn man sich zum Beispiel bei Instagram über das Thema Krafttraining informieren will, findet man nur hochmoderne Übungen und neue Erfindungen. Letztlich haben die Klassiker aber meistens den besten Trainingseffekt: Kniebeugen, Klimmzüge und so weiter. Generell lese ich hauptsächlich Fachbücher.
War das immer schon so, oder hat sich diese Leidenschaft erst entwickelt?
Orban: Zu meiner Schulzeit habe ich eher ungern gelesen. Die Leidenschaft zum Lesen hat sich bei mir zeitgleich mit dem Interesse am menschlichen Körper entwickelt. Die Initialzündung dafür war meine erste ernsthafte Verletzung, eine Knieblessur im Alter von 18 Jahren. Nach der Operation hatte ich unfassbare Schmerzen und konnte ein paar Wochen lang nicht gehen. In dieser Zeit habe ich damit begonnen, mich intensiv mit meinem Körper auseinanderzusetzen. Es gibt leider genügend Spieler, die zum Ende ihrer aktiven Karriere körperlich völlig am Ende sind und Folgeschäden haben werden. So soll es mir nicht ergehen und deshalb versuche ich, mich so gut wie möglich zu informieren.
Haben Sie Vorbilder, an denen Sie sich in dieser Hinsicht orientieren?
Orban: Wie fit Zlatan Ibrahimovic trotz seiner 39 Jahre ist, finde ich beeindruckend. Bei Pepe und Cristiano Ronaldo ist es ähnlich. Es würde mich sehr interessieren, was sie neben dem Mannschaftstraining für ihre Körper tun.
Dann schreiben Sie Cristiano Ronaldo doch mal an!
Orban: Das könnte ich probieren, aber ich wage zu bezweifeln, dass er antwortet. (lacht) Spieler verraten ihre persönlichen Arbeitsweisen nur ungern, weil sie damit einen Wettbewerbsvorteil verlieren würden. Über solche Themen wird unter Kollegen wenig gesprochen. Ich habe das Gefühl, dass einige Klubs in diesen Bereichen noch Steigerungspotential haben, weshalb sich viele Spieler bei Experten zusätzliche Hilfe und Informationen über die neuesten Methoden holen.
Würden Sie Ihre persönlichen Arbeitsweisen teilen, sofern Sie ein Mitspieler danach fragt?
Orban: Ja, klar. Mittlerweile bin ich in einem Alter, in dem ich so denke. Wenn man jemanden anderen hilft, dann wird einem irgendwann selbst auch geholfen.
Zurück zum Thema Literatur: Lesen Sie auch Romane?
Orban: Manchmal. Mein Lieblingsbuch ist "Der Alchimist" von Paulo Coelho. Das hat mich inspiriert, große Träume zu haben und alles für ihre Erfüllung zu tun.
Kennen Sie Mitspieler mit ähnlichen Interessen - oder werden Sie in der Mannschaft als der Intellektuelle gesehen?
Orban: Nein, so hat mir das noch niemand gesagt. Jeder Fußballer nutzt seine Freizeit anders. Manche zocken lieber an der Playstation Fortnite oder FIFA und das ist auch völlig okay. Jeder soll machen, was er will. Mit dem Alter kommen denke ich ein paar andere Interessen hinzu.
Sie beschäftigen sich in Ihrer Freizeit auch intensiv mit dem Thema Geldanlage. Wann und warum haben Sie damit angefangen?
Orban: Wir Fußballer verdienen sehr gutes Geld - aber das gilt nur für eine begrenzte Zeit. Um nach dem Karriereende immer noch ein abgesichertes Leben führen und seine Familie versorgen zu können, muss man sich frühzeitig überlegen, was man mit seinem Einkommen anstellt. Meiner Meinung nach sollte sich jeder Fußballer aktiv mit dem Thema Geldanlage beschäftigen. Ich tue das seit einigen Jahren und setze auf Aktien und Immobilien, vermeide aber die ganz großen Risiken. Grundsätzlich bin ich eher der sparsame Typ und mache mir nicht so viel aus Statussymbolen.
Ist Ihnen trotzdem schon mal eine grobe Fehlinvestition unterlaufen?
Orban: Natürlich, Lehrgeld gehört dazu! Mein Investment in eine brasilianische Ölfirma war ein kompletter Reinfall. (lacht) Aber auch da nehme ich was mit: Man sollte so früh wie möglich so viele Fehler wie möglich machen, um daraus lernen und später bessere Entscheidungen treffen zu können.
Beschäftigt Sie das Thema Geldanalage in ähnlichem Maße wie Zukunfts-Entscheidungen im Fußball, beispielsweise Vertragsverlängerungen oder Klub-Wechsel?
Orban: Nein, das sind zwei komplett verschiedene Themenfelder. Aber generell versuche ich, sämtliche Entscheidungen möglichst schnell und mit möglichst wenig Energie langfristig zu lösen. Bei meinen bisherigen Verlängerungen war ich mir mit meinem Klub immer schnell einig. Letztmals vor ein paar Wochen mit Leipzig.